Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Stammbaum
- Josef Alsch senior
- Barbara Hable
- Andreas und Rosa Hable
- Wiener Neustadt
- Großjedlersdorf
- Werdegang der Familie
Einleitung
Die im Artikel verarbeiteten Dokumente decken einen Zeitraum von 1855 bis 1916 ab und geben einen Einblick in die Lebensrealität der Familien Alsch und Hable. Besonders viele Informationen über die berufliche Tätigkeit haben sich über Josef Alsch erhalten.
Sowohl bei der Familie Alsch als auch bei der Familie Hable handelt sich um Sudetendeutsche aus dem Böhmerwald. Sie müssen in einer zunehmend industrialisierten Arbeitswelt zurecht kommen und die Arbeitssuche verschiedener Familienmitglieder vertreut sie in die österreichische Monarchie: Böhmen, Oberösterreich, Niederösterreich, Steiermark, Wien, Kärnten. Trotz der geographischen Distanz halten sie Kontakt und unterstützen sich gegenseitig. Auch vor Ort bilden sich offensichtlich auch häufig Kontakte zu anderen Sudetendeutschen.
Barbara und Josef Alsch stammen beide aus Bergreichenstein in Böhmen. Sie kamen aber nicht gemeinsam nach Großjedlersdorf bei Wien.

Stammbaum

Josef Alsch senior
Josef Alsch wurde am 19.8.1855 geboren.

Er ist der Sohn des Bäckermeisters Karl Alsch in Bergreichenstein und der Maria Anna Alsch, geborene Gerhart (oder Gerhat). Er absolvierte die Volksschule und anschließend die Hauptschule in Bergreichenstein. Zeugnisse aus der Hauptschule von 3.8.1868, 31.7.1869, 22.10.1870 sind vorhanden.

Schlosserlehre in Bergreichenstein
Am 9. Juni 1872 also mit 17 Jahren schließt er die zweijährige Schlosserlehre in Bergreichenstein ab. Sein Lehrmeister war Wenzel Hable, das ist der Vater seiner späteren Frau Barbara Hable. Im Abschlusszeugnis empfiehlt Wenzel Hable Josef als braven und treuen Gehilfen und Gesellen an seine Gewerbsgenossen.

Werkmeisterschule in Pilsen
Was er dann die nächsten sieben Jahre macht und wo er arbeitet ist unbekannt. Aber ab 1879 also mit 24 Jahren besucht er für 2 Jahre in Pilsen in Böhmen die k.k. Staatsgewerbeschule und zwar die mechanisch-technische Abteilung der Werkmeisterschule. Zeugnisse vom 15.3.1880, 15.10.1880, 18.3.1881, 15.10.1881 sind erhalten.


Locomotiv-Fabrik in Wiener Neustadt
Unmittelbar nach Abschluss der Werkmeisterschule zieht er offenbar von Pilsen in Böhmen nach Wiener Neustadt in Niederösterreich. Dort arbeitet er von 26.11.1881 bis 29.6.1884 als Schlosser in der Wiener Neustädter Locomotiv-Fabrik vormals Sigl. Er kündigt am 27.6.1884 auf eigenen Wunsch und lässt sich neben dem herkömmlichen Arbeitszeugnis auch noch ein zweites ausstellen, in dem bestätigt wird, dass er in seiner Dienstzeit Erfahrung bei der Wartung von Dampfkesseln und mobilen Dampfmaschinen erworben hat.


Maschinenfabrik August Frey’s Söhne in Wien
Anschließend zieht er nach Wien und arbeitet dort für drei Wochen (4.7.1884 bis 26.7.1884) in Wien VI., Garbergasse Nr. 20, Aug. Frey’s Söhne, Dampfkessel & Maschinenfabrik, Specialität, Maschinen für Leder- & Riemen-Fabrikation, Dampfkessel, Dampfmaschinen & Locomobilen. Im Arbeitszeugnis vom 28.7.1884 wird seine Tätigkeit gelobt und ausgeführt, dass er aus eigenen Stücken gekündigt hat.
Wenn Barbara zu dieser Zeit schon in der Gumpendorferstraße 85 gewohnt hat, dann könnte das mit ein Grund gewesen sein, warum Josef in Wiener Neustadt gekündigt hat und nach Wien gezogen ist. Sein erster Arbeitsort in Wien in der Garbergasse Nr. 20 lag jedenfalls sehr nahe am Wohnort von Barbara in der Gumpendorferstraße 85.

Maschinenfabrik V. Prick in Wien
Nachdem Josef nach nur drei Wochen bei August Frey’s Söhne gekündigt hat, fängt er eine Woche danach, nämlich am 2.8.1884 als Maschinenschlosser in der k.k. landesbefugten Metallwaren- und Maschinen-Fabrik V. Prick in Wien, Rennweg Nr. 19 & 87, zu arbeiten an. Dort bleibt er ein halbes Jahr. Am 31.1.1885 verlässt er die Firma dann aber auf eigenen Wunsch.
Während seiner Anstellung bei V. Prick legt Josef am 26.8.1884 eine Prüfung an der k. k. technischen Hochschule ab. Getestet wurden seine Kenntnisse als Dampfkesselheizer und Maschinen-Wärter für stationäre Dampfmaschinen ohne und mit Expansion und Locomobile. Und er bestand.
Nach seiner Kündigung zieht Josef offenbar wieder nach Wiener Neustadt in die Pottendorferstraße 15. Die Beweggründe dafür bleiben im Dunkeln.

Barbara Hable
Ebenso wie Josef stammt Barbara Hable aus Bergreichenstein (№ 84). Sie wurde dort am 27. Juni 1857 geboren.

Ihr Vater war Wenzel Hable (* 1822 † 8.2.1882 Lungenentzündung), Schlossermeister in Bergreichenstein № 84, und ihre Mutter Theresia Hable (* 1823 Bergreichenstein № 23, † 13.3.1882 Bergreichenstein № 84 Lungenentzündung), geborene Marzin. Die beiden hatten 1845 geheiratet und hatten 5 Kinder. 1887 als Karl Alsch geboren wird, waren die beiden Großeltern mütterlicherseits bereits verstorben. Von jenen väterlicherseits lebte nur noch der Bäckermeister Karl Alsch.

Die Familie Hable soll vor 1720 von Landshut aus Bayern nach Bergreichenstein gekommen sein. Dazu gehörten Bartholomäus Hable (* 1723 † 1783), Franz Hable (* 1748), Nikolaus Hable (* 1785). In der Familie gab es Hufschmiede und Schlosser.

Am 16.3.1878 kommt eine Tochter ihres Bruders Franz in Falkenburg 22 zur Welt. Das Kind wird auf den Namen Barbara Theresia getauft und eine Barbara Hable tritt als Taufpatin auf. Wenn das diese Barbara Hable ist, dann lebte sie zu diesem Zeitpunkt mit 21 Jahren bei ihrem Bruder ebenso wie er als Inwohner:in beim Bräuermörtl in Falkenburg / Steiermark. Ihr Bruder arbeitete als Tierarzt und war mit Maria Obenberger verheiratet.
Wann Barbara genau nach Wien gekommen ist, ist unbekannt. Ab Oktober 1879 lebte sie aber offenbar schon in Wien. Das geht aus einem Dienstzeugnis vom 10. September 1881 hervor:
Zeugniss
dass Barbara Hable aus Bergreichenstein in Böhmen gebürtig bei mir vom 9.ten October 1879 bis zum heutigen Tage als Stubenmädchen gedient hat, sich während dieser Zeit durch ihre Treue, Sittsamkeit und Fleiß meine vollste Zufriendenheit erworben hat, daher ich sie Jedermann auf das Beste empfehlen kann. Sie wurde gesund entlassen.
Wien, 10. September 1881
Hermine ScheidDienstzeugnis für Barbara Hable vom 10.9.1881

Zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit 1885 arbeitete sie in Wien als Köchin und wohnte in der Gumpendorferstraße im 6. Wiener Gemeindebezirk.
Andreas und Rosa Hable
Josef Alsch war mit Andreas Hable eng befreundet. Da beide Schlosser waren und auch Andreas Hable aus Bergreichenstein stammt, ist es denkbar, dass sie sich schon aus Bergreichenstein vom dortigen Schlosser Wenzel Hable kennen, der ein Onkle von Andreas Hable war, bei dem Josef die Lehre gemacht hat und bei dem vielleicht auch Andreas Hable beschäftigt war.
Andreas Hable wurde am 19.11.1851 in Bergreichenstein № 26 geboren. Er war der Sohn von Ignaz Hable (der ein Bruder des Wenzel Hable ist), Hufschmied in Bergreichenstein № 26 (dessen Eltern: Nikolai Hable, Hufschmied, Bergreichenstein № 26 und Elisabeth Ertl, Bergreichenstein № 165) und der Agnes, geborene Kreuß (deren Eltern: Josef Kreuß, Fleischhauermeister, Bergreichenstein № 4 und Maria Anna geborene Sedl, Bergreichentein № 13).

Am 17.9.1882 heiratete Andreas Hable Rosa Marzin in Wiener Neustadt. Einer der Trauzeugen war Josef Alsch. Andreas Hable arbeitete damals genauso wie Josef Alsch in der Locomotiv Fabrik in Wiener Neustadt.
Rosa Marzin wurde am 28. Jänner 1857 geboren. Sie stammt aus Bergreichenstein № 23. Ihre Eltern waren Anton Marzin (Schuhmachermeister, Bergreichenstein) und Maria Anna Hable (wahrscheinlich ebenfalls Bergreichenstein).

Sie arbeitete als Dienstmädchen und das Paar lebte damals in der Pottendorferstraße in Wiener Neustadt im Guttenberghaus ohne Nummer.
Am 26. Dezember 1883 bekamen die beiden einen Sohn, den sie noch am selben Tag auf den Namen Joseph tauften. Taufpate war Josef Alsch. Das Kind starb aber bald darauf am 3.1.1884. Das Paar wohnte jetzt in der Pottendorferstraße № 12.
Am 3.1.1885 kam deren Tochter Rosa Barbara auf die Welt. Getauft wurde sie am 6.1.1885 und ihre Taufpatin war Barbara Hable, die spätere Frau von Josef Alsch. Barbara wohnte damals in der Gumpendorferstraße 85 in Wien.
Andreas und Rosa Hable wohnten nach wie vor in der Pottendorferstraße № 12. Das ist jene Adresse an der nach ihrer Hochzeit, die im Mai 1885 stattfand, auch Josef und Barbara Alsch wohnen sollten. Ob die beiden Paare in einer Wohnung zusammenwohnten? Später in Großjedlersdorf wohnten sie auch beide an derselben Adresse, nämlich Großjedlersdorf № 259.
Am 11. Juli 1886 kam in Wiener Neustadt in der Pottendorferstraße № 12 ein Mädchen zur Welt. Es wurde am 18. Juli 1886 auf den Namen Anna Barbara getauft. Taufpate war Josef Alsch, der zu diesem Zeitpunkt schon in Großjedlersdorf wohnte. Anna starb am 11.10.1957 in Fürstenzell im Kreis Passau/Bayern.
Die Familie zog dann offenbar nach Großjedlersdorf. Jedenfalls ist ihr Wohnort anlässlich der Geburt von Karl am 12.6.1887 mit Großjedlersdorf № 259 angegeben.
Am 31.3.1888 wird ihr Sohn Rudolf geboren. Die Familie ist jetzt nach Steyr umgezogen. Sie leben in Steyrdorf № 143. Taufpate war Josef Alsch. Als Wohnort ist die Adresse Nordbahnhäuser № 159 angegeben. Das dürfte eine andere Wohnung sein, als die spätere Adresse Nordbahnhäuser № 160. Josef war aber nicht persönlich in Steyr, sondern wurde von Maria Radajski vertreten, die Fabriksarbeitersgatten war und in der Sierningerstraße 24 wohnte. Rudolf stirbt am 15.12.1892.
Am 29. September 1889 kommt ein weiterer Sohn der beiden auf die Welt, den sie Andreas taufen. Taufpate war wieder Josef Alsch. Diesmal dürfte er aber tatsächlich angereist sein. Die Taufe fand eine gute Woche nach der Gebort am Sonntag den 6.10.1889 statt.
Die Geburt Anton Hables am 9. Juni 1891 folgte als nächstes. Der Wohnort ist unverändert mit Steyrdorf № 143 angegeben. Taufpate ist neuerlich Josef Alsch. Diesmal vertreten durch die Hebamme Barbara Forsthuber. Maria Theresia Alsch wird wenige Tage später am 19.6.1891 geboren. Hier ist als Wohnort Steyrdorf, Sierninger Straße 26 angegeben.
Das letzte in Steyrdorf geborene Kind ist Barbara Hable. Sie wird am 17.9.1892 geboren. Taufpatin ist diesmal Barbara Alsch, vertreten durch die Hebamme Barbara Forsthuber.
Ab spätestens 1894 waren die beiden nach Bergreichenstein zurückgekehrt. Andreas Hable war dann dort Schlossermeister an der Adresse seines Elternhauses Bergreichenstein № 26.
Er starb in Bergreichenstein am 11. Juli 1929.
Wiener Neustadt
Locomotiv-Fabrik und Heirat
Am 11.4.1885 fängt Josef neuerlich als Schlosser in der Wiener Neustädter Locomotiv-Fabrik an. Knappe zwei Monate später, nämlich am 31. Mai 1885, heirateten Josef Alsch und Barbara Hable in Wiener Neustadt. Zu diesem Zeitpunkt wohnte Barbara in Wien in der Gumpendorferstraße 85 (heute 6. Wiener Gemeindebezirk) während Josef in der Pottendorferstraße 15 in Wiener Neustadt wohnte. Ihre Trauzeugen waren Franz Burian und Andreas Hable, beide Schlosser und damals wahrscheinlich ebenso wie Josef Alsch für die Locomotivfabrik in Wr. Neustadt tätig. Getraut wurden Josef und Barbara von Curat Johann Durkalec.

Die beiden sind dann offenbar in Wiener Neustadt in die Pottendorferstraße 12 gezogen, das ist dieselbe Adresse an der auch Rosa und Andreas Hable wohnten.
Am 7.11.1885 endet Josefs Beschäftigung in der Locomotiv-Fabrik. Diesmal geht er aber nicht aus freien Stücken, sondern er wird von der Firma aus Mangel an Arbeit gekündigt.
Nach der Kündigung wendet sich Josef noch einmal an die Locomotiv-Fabrik und legt seine schwierige Situation dar. Er bekommt diese freundliche aber ablehnende Antwort:
Actiengesellschaft d. Locomotiv-Fabrik, vorm. G. sigl in Wiener-Neustadt.
Wiener Neustadt, den 15. November 1885
Herr Josef Alsch
Schlosser
Pottendorferstrasse 7Wr. Neustadt
Zu Beantwortung Ihres Schreibens vom 11. November bedaure ich recht sehr die Notlage in welche Sie durch den Arbeitsverlust gerathen sind, aber leider ist es mir gegenwärtig ganz unmöglich Ihnen hier eine Beschäftigung zuzuwenden, weil eben gar keine neuen Bestellungen einlaufen und zur Fertigstellung der in Ausführung begriffenen Locomotiven etc. mehr als zu viel Arbeitspersonal vorhanden ist. Sollte wider Erwarten ein vermehrter Bedarf an Arbeitskräften eintreten, so werde ich Sie gewiss gerne berücksichtigen, inzwischen müssen Sie sich jedenfalls anderweitig um Arbeit umsehen.
Was Ihren hier am Gymnasium studierenden Bruder anbelangt, so werden sich wohl schon Mittel und Wege finden, demselben das Fortsetzen der Studien zu ermöglichen und ich selbst werde mich bemühen ihm diesfalls eine Unterstützung zu Stande zu bringen.
Ich behalte mir vor, Ihnen hierüber nochmals zu schreiben und wünsche, dass Sie anderweitig recht bald ein Unterkommen finden.
Hochachtungsvoll
[…] FehringerBesuchen Sie mich morgen um ½ 1 Uhr in meiner Wohnung
Wienerstraße 24, 1 […] Stock
Wilh. ProchaskaSchreiben des Herrn Fehringer von der Locomotiv-Fabrik Wr. Neustadt vom 15.11.1885

Wer der Bruder von Josef ist, der das Gymnasium in Wiener Neustadt besucht, ist leider nicht bekannt.
Wie es dann weitergeht und ob Josef in Wiener Neustadt bei einer anderen Firma eine Anstellung findet oder sich vielleicht auch die Auftragslage der Locomotiv-Fabrik verbessert und sie ihn wieder einstellen, bleibt unbekannt. Den Eintrag in den Matriken anlässlich der Geburt von Rosa vom 1.4.1886 könnte man so verstehen, dass Josef zu diesem Zeitpunkt in Wiener Neustadt als Schlosser gearbeitet hat.

Geburt von Rosa
Knapp ein Jahr nach der Hochzeit, nämlich am 1. April 1886 kam in Wiener Neustadt das erste Kind von Josef und Barbara zur Welt: Rosa Alsch (* 1.4.1886 † 7.9.1961). Ihre Hebamme war Katharina Eitner. Römisch katholisch getauft wurde Rosa am 4.4.1886 von Curat Johann Wiesinger. Taufpatin war Rosa Hable, Schlossersgattin, nämlich die Ehefrau von Andreas Hable, der Trauzeuge der beiden war (und später Taufpate von Karl Alsch werden sollte).
Rosa blieb unverheiratet und lebte zeitlebens mit ihrer jüngeren Schwester Marie zusammen. Sie arbeitete als Kindergärtnerin, zuletzt Oberkindergärtnerin.

Wann die junge Familie genau nach Großjedlersdorf gezogen ist, lässt sich nicht genau sagen. Dreieinhalb Monate nach Rosas Geburt, nämlich am 18.7.1886 (als Anna Hable in Wiener Neustadt getauft wird) ist Josef Alsch schon als in Großjedlersdorf wohnhaft angegeben.
Großjedlersdorf
Die zu Großjedlersdorf gehörende Fläche erstreckte sich entlang der Brünner Straße (damals Straße nach Mähren), und zwar fast vom Spitz, der zu Floridsdorf gehörte, bis nach Stammersdorf, dort wo heute der Marchfeldkanal die Brünnerstraße quert. Wobei der alte Ortskern im nördlichen Teil gelegen war, während der südliche Teil als Großjedlerdorf II bezeichnet und 1894 dann abgetrennt und als Neujedlersdorf der Gemeinde Floridsdorf angegliedert worden ist.
In Großjedlersdorf befanden sich die Werkstätten der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn. Dieses Bahnunternehmen war das erste Österreichs und als erste Bahnstrecke war der Abschnitt Floridsdorf – Deutsch Wagram, der durch Großjedlersdorf führt, am 23.11.1837 eröffnet worden.
Weiters befanden sich in Großjedlersdorf die Fertigungshallen der 1867 gegründeten „Wiener Lokomotiv-Fabriks-Actien-Gesellschaft“ und seit etwa 1870 auch die Werkstätten der Nordwestbahn. Es war also ein Ort mit großem Bedarf an Schlossern und es wurden von den Firmen Wohnraum für die Arbeiter:innen geschaffen. Dazu zählt die „Nordwestbahn-Colonie“, errichtet 1873/74 (im Jahr 2023 ist dort der XXX-Lutz an der Ecke Brünner Straße und Katsushikastraße) und die „Nordbahnhäuser“ errichtet etwa 1870. Die „Nordbahnhäuser“ existieren 2023 noch und zwar links und rechts der Werndlgasse.
Der Schwerpunkt des industrialisierten Großjedersdorf lag jedenfalls in Großjedlersdorf II bzw. später Neujedlersdorf genannt.
Geburt von Karl
Karl Alsch wurde am 7.6.1887 in Großjedlersdorf geboren und 5 Tage später, nämlich am 12.6.1887 katholisch getauft. Die Familie lebte im Haus Großjedlersdorf Nr. 259. Leider ist mir nicht bekannt, wo dieses Haus gelegen war und ob es heute noch existiert. Auffallend ist, dass Andreas Hable, der Taufpate von Karl war, im selben Haus wohnte. Die beiden Ehepaare, Barbara/Josef Alsch und Andreas/Rosa Hable wohnten auch in Wiener Neustadt an derselben Adresse.

Karls Hebamme war Maria Steidler.
Werdegang der Familie

Josef Alsch
Wann Josef begonnen hat, für die Kaiser-Ferdinands-Nordbahn zu arbeiten, ist unbekannt. Eventuell arbeitete er ursprünglich für eine andere Firma in Großjedlersdorf.
Der erste erhaltene Gehaltszettel stammt vom November 1891. Ein Teil seiner Entlohnung war damals eine Naturalwohnung.
Dabei handelte es sich wohl um eine Wohnung in der der Kaiser-Ferdinands-Norbahn gehörenden Arbeitersiedlung „Nordbahnhäuser“. Als Adresse ist in den Taufmatriken die Nummer 160 angegeben. Sehr wahrscheinlich ist das dasselbe Haus, das später die Adresse Rieplgasse 3 (heute Werndlgasse 3A) bekommt. Andreas Hable ist zu diesem Zeitpunkt (1891) in Steyr wohnhaft und beschäftigt. Die Wege der beiden haben sich also offenbar in der Zeit zwischen 1887 und 1891 getrennt.

Die beiden Familien bleiben aber in gutem Einvernehmen, was sich daran erkennen lässt, dass die Hables auch die Taufpat:innen für die weiteren Kinder der Alschs sind und umgekehrt. Andreas Hable ist letztendlich nach Bergreichenstein zurück gegangen und dürfte dort die Schlosserei seines Vaters in Bergreichenstein № 26 übernommen haben.

Josef bleibt jedenfalls in weiterer Folge bei der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der Nachfolgerin k. k. Staatsbahnen angestellt. Als Vorteil hat er sicherlich die Verstaatlichung des Unternehmens gesehen und damit seinen Status als Beamter.

Seine Karriere zeichnet sich in den erhaltenen Unterlagen folgendermaßen ab:
Kaiser-Ferdinands-Nordbahn
- 1.11.1891: Unter-Werkführer II/4 (Jahresgehalt 650 Gulden entspricht 1.300 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag)
- 1.1.1895: Unter-Werkführer II/3 (Jahresgehalt 700 Gulden entspricht 1.400 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag)
- 1.1.1898: Unter-Werkführer II/2 (Jahresgehalt 750 Gulden entspricht 1.500 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag)
- 1.1.1900: Unter-Werkführer II/1 (Jahresgehalt 1.600 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag)
- 1.1.1902: jährliche Personal-Zulage von 100 Kronen
- 1.1.1903: Werkführer III. Klasse (Jahresgehalt 2.000 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag), Personal-Zulage von jährlich 100 Kronen wird gestrichen.
- 1.1.1906: Werkführer II. Klasse (Jahresgehalt 2.200 Kronen + Naturalwohnung, ev. Quartierbeitrag)

K. k. ö. Staatsbahnen (Nordbahn)

- 1.7.1907: Adjunkt Dienstklasse IX (Jahresgehalt 2.400 Kronen + Quartiergeld)
- 1.1.1909: 1. Gehaltsstufe der Dienstklasse IX (Jahresgehalt 2.600 Kronen + Quartiergeld)
- 1.7.1909: Adjunkt von Dienstklasse IX. in VIII. befördert (Jahresgehalt 2.800 Kronen + Quartiergeld)
- 26.4.1910: Dienstzeugnis Revident
- 6.7.1913: Dienstzeugnis Revident
- 1.7.1916: Revident von Dienstklasse VIII. in VII. befördert (Jahresgehalt 3.600 Kronen + Quartiergeld)
- Wann Josef Alsch in Pension gegangen ist, ist unbekannt.

Barbara Alsch
Über Barbara Alsch ist deutlich weniger bekannt als über Josef. Während sich seine Zeugnisse weitgehend erhalten haben, ist das bei ihr nicht der Fall. Vermutlich ging Barbara seit ihrer Eheschließung oder zumindest seit der Geburt ihres ersten Kindes keiner Lohnarbeit mehr nach, sondern widmete sich ihren Aufgaben als Hausfrau und Mutter.
Jedenfalls ist aus der mündlichen Überlieferung keine berufliche Tätigkeit von ihr aus dieser Zeit bekannt.

1899 schließt sie bei der „Niederösterreichischen Landes-Lebens- und Rentenversicherung“ eine Lebensversicherung ab. Die Versicherungssumme betrug 780 Kronen. Die Laufzeit war von 1. Juni 1899 bis 1. Juni 1927 angelegt. Der monatliche Beitrag betrug 3 Kronen. Ausgezahlt wurde entweder bei Ableben der versicherten Person oder spätestens mit Ende der Laufzeit jeweils an die Überbringer:in der Versicherungspolizze.

Rosa Alsch
Rosa wächst in Großjedlersdorf auf.

Hans Hable, mit dem Rosa hier abgebildet ist, war ein Cousin von ihr. Er ist am 30. September 1874 in Bergreichenstein № 84 als unehelicher Sohn der Priska Hable geboren. Der Vater ist unbekannt. Priska Hable war eine Tochter des Wenzel Hable und der Theresia Marzin. Barbara Alsch war also eine Schwester von ihr und sie war auch Taufpatin von Hans Hable.
Hans Hable zog nach Großjedlersdorf und später nach Jedlesee. Er arbeitete dort als Schlosser. Am 26.12.1918 heiratete er Maria Leopoldine Matousek in Jedlesee. Die beiden wohnten in der Pragerstraße 90.
Karl Alsch (* 7.6.1887 Großjedlersdorf † 11.7.1919 Jedlesee)
Zu Karl Alsch gibt es einen eigenen Artikel.
Geburt von Marie (* 19.6.1891 † 31.12.1964)
Als Karl gerade vier Jahre alt war kam das dritte Kind der Familie Alsch auf die Welt. Es war ein Mädchen und wurde am 19.6.1891 in Großjedlersdorf geboren. Getauft wurde es am 28. Juni 1891 auf den Namen Maria Theresia. Therese Hable (das ist eine jüngere Schwester von Barbara Hable) war stellvertretende Taufpatin für Andreas und Rosa Hable, welche zu diesem Zeitpunkt in Steyr in der Sierninger Straße Nr. 26 lebten. Andreas Hable war ebenso wie Josef Alsch Schlosser.
Hebamme war Therese Nowak und der Geistliche hieß Anton Schwarz.
Die Familie war zu diesem Zeitpunkt schon vom Haus № 259 in das Haus № 160 umgezogen. In späteren Einträgen macht der Zusatz bei der № 160 „N.B. Häus.“ klar, dass es sich dabei um ein Haus in der Arbeitersiedlung „Nordbahnhäuser“ handelt.

Maria Theresia wurde Marie oder Marei gerufen. Sie blieb unverheiratet und wohnte zeitlebens mit der Familie insbesondere mit ihrer Schwester Rosa zusammen, die ebenfalls unverheiratet blieb.
Marie arbeitete als Postoffiziantin im Fernmeldeamt in der Telefonvermittlung. Als im Zuge des technischen Fortschritts die Telefonvermittlung automatisiert wurde, wurde Marie in Pension geschickt.
Geburt von Josefa (* 21.2.1893 † 1.3.1893)
Das nächste Kind der Alschs war wieder ein Mädchen. Karl war da gerade 5 ½ Jahre alt. Hebamme war neuerlich Therese Nowak. Geboren wurde das Kind am 21.2.1893 und getauft am 25.2.1893. Stellvertretende Taufpatin war neuerlich Therese Hable, die allerdings mittlerweile den Tischler Franz Tuma geheiratet hatte und daher nun Therese Tuma hieß. Die beiden wohnten in Großjedlerdorf in Haus № 310. Die eigentlichen Taufpat:innen waren die Eheleute Andreas Hable (Schlosser) und Anna [sic!] Hable, Bergreichenstein. Der Geistliche war Wilhelm Fiedler.

Das Kind starb mit 11 Tagen am 1. März 1893. Laut Sterberegister war die Todesursache „Lebensschwäche“. Begraben wurde Josefa am Friedhof in Großjedlersdorf am 3. März 1893.
Bemerkenswert am Sterbebucheintrag ist, dass der Wohnort in diesem Fall als „N. B. Colonie № 160“ bezeichnet wird. Und Josef Alsch wird „Vorarbeiter“ genannt.
Geburt von Josef (* 19.3.1894 † 5.1.1958)
Ein Jahr später am 19. März 1894 wird Josef Alsch geboren. Die Taufe fand am 26. März statt. Diesmal ist der Tischler Franz Tuma stellvertretender Taufpate. Nach wie vor wohnte die Familie Tuma in Großjedlersdorf in Haus № 310. Die eigentlichen Taufpat:innen waren neuerlich Andreas Hable nun bereits Schlossermeister in Bergreichenstein und dessen Ehegattin Rosa.
Die Hebamme war wieder Therese Nowak und der Geistliche hieß Wilhelm Fiedler.

Auch Josef arbeitete wie Marie bei der Post. Im Ersten Weltkrieg diente er an der Ostfront und geriet in russische Gefangenschaft. Am 18. Juni 1921 heiratete er Hilde Hajek (* 8.4.1898, Freiwaldau in Österreichisch Schlesien) in Tattenitz, Nordmähren. Die beiden hatten zwei Söhne (Josef und Helmut) und lebten in Wien Jedlesee gemeinsam mit den Großeltern Josef und Barbara und den Tanten Rosa und Marie. Am 5.1.1958 starb Josef an Kehlkopfkrebs.
Geburt von Franz (* 1.12.1896 † 20.12.1951)
Am 1.12.1896 wird ein weiterer Bruder des nunmehr neunjährigen Karl Alsch geboren. Am 13.12.1896 wird er auf den Namen Franz Joseph getauft. Gerufen wird er aber zeitlebens nur mit seinem ersten Namen „Franz“. Auch für Franz sind die Taufpat:innen wieder Andreas und Rosa Hable, Schlossermeister in Bergreichenstein. Und auch hier ist wieder Therese Tuma als stellvertretende Taufpatin aufgetreten. Da Großjedlersdorf II am 8.5.1894 in die Großgemeinde Floridsdorf eingegliedert worden war und da die Gasse in der sie wohnten nun einen Straßennamen bekommen hatte, lautete die Adresse der Familie Tuma inzwischen Haidegasse (seit 1909 Demmergasse) № 310 in Floridsdorf.
Die Hebamme war wieder Therese Nowak. Der Geistliche hieß Adolf Rozynek.

Im Ersten Weltkrieg war Franz an der Südfront eingesetzt. Nach dem Krieg arbeitete er als städtischer Lehrer. Am 18. Mai 1922 heiratete er Anna Fenzl (* 20.7.1901) in Jedlesee. Die beiden hatten zwei Töchter (Elfriede und Ilse) und lebten in Wien/Jedlesee Jeneweingasse 26. Am Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Franz in russische Gefangenschaft. Er kam mit angeschlagener Gesundheit zurück und starb am 20.12.1951.