Nachdem ich die rund 300 Glasplatten digitalisiert habe, möchte ich nun kurz meine Gedanken und Erfahrungen festhalten.
Wie bin ich vorgegangen?
Ich wollte nicht groß Geld investieren, sondern einfach die Bilder für mich zugänglich machen, um sie mir einfach ansehen zu können. Die große Mehrzahl dieser Fotos liegt ja zusätzlich dazu, dass sie auf dem Trägermaterial Glas sind, nur als Negative vor, was sie sehr schwer interpretierbar macht, wenn man sie einfach nur so ansieht, indem man das Glas gegen das Licht hält.
Jedenfalls habe ich, da ich eben kein Geld ausgeben wollte, die Fotos mit meiner Digitalkamera abfotografiert. Dafür habe ich einen Computerbildschirm zu einem Leuchttisch umfunktioniert, indem ich diesen in die Waagrechte gebracht habe und ein rein weiße Grafik als Vollbild auf diesem Bildschirm anzeigen ließ.
Das Problem, das dann noch besteht, ist dass so ein Bildschirm in Pixel eingeteilt ist, die man als lauter kleine Quadrate sehen kann. Deshalb habe ich ein Transparentpapier auf den Bildschirm gelegt. Das hatte auch den Vorteil, dass es ein Schutz war, damit die Oberfläche des Bildschirms nicht zerkratzt, wenn ich mehrfach die gläsernen Bildträger darauf lege und verschiebe.
Nachdem sich nach den ersten zwei abfotografierten Schachteln gezeigt hat, dass man trotz Transparentpapier immer noch die Pixel am abfotografierten Negativ erkennen kann, habe ich noch ein zweites Transparentpapier aufgelegt. Die Pixel waren dadurch, soweit ich das beurteilen kann, daraufhin tatsächlich nicht mehr wahrnehmbar. Aber ein Nachteil davon war definitiv, dass nun noch weniger Licht durch die Glasbilder strahlte, weil das Papier eben nicht nur das Licht diffus verteilt, sondern auch abdunkelt.
Die Kamera war auf einem Stativ montiert. Um die Aufnahme-Ebene genau parallel zum Leuchttisch auszurichten, habe ich einen Spiegel verwendet, den ich auf den Leuchttisch legte und mit dem ich das Zentrum des Spiegelbild des Objektivs exakt auf das Zentrum des Suchers ausrichten konnte. Selbiges ließ sich durch das Einblenden eines Kreuzes im Kamerasucher erkennen.
Da ich es nicht ausprobiert habe, kann ich es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich glaube, dass insbesondere bei den sehr dunklen Negativen eine bessere Qualität zu erzielen wäre, wenn man einen helleren Leuchttisch einsetzt, der so klein ist, dass er wirklich nur durch das Bild strahlt und darüber hinaus, den Raum komplett abdunkelt. Ich glaube, dass man in so einem Setting weitgehend verhindern könnte, dass man vom Negativ reflektierendes Licht mitfotografiert. Diese Reflexionen können einerseits die Kamera zeigen, die sich ja unmittelbar über dem Negativ befindet und andererseits fotografiert man Verfärbungen und einen Belag, der sich auf dem Negativ gebildet hat, mit.

Wie auch immer: Es gäbe jedenfalls noch Verbesserungspotenzial.
Die Glasnegative habe ich so aufgelegt, dass die Seite des Glases, auf der sich die Farbe befindet, oben zu liegen kommt. Das ist auch jene Seite, die deutlich matter ist, als jene, die aus sauberem Glas besteht. Die matte Seite war also unmittelbar der Kamera zugewandt.
Das hatte einerseits den Sinn, dass die Farbe am Glas geschont wird, indem sie nicht über eine Oberfläche geschoben und somit potenziell abgerieben wird. Andererseits war auf diese Weise die Spiegelung der Kamera im Bild geringer, als wenn man die saubere Seite abfotografiert.
Bei optimalen Lichtverhältnissen wäre es aber denkbar, dass ein abfotografieren von der anderen Seite den Vorteil hätte, dass man eben nicht Schmutz oder Belag der sich auf der Farbe gebildet hat, abfotografiert. Die Seite mit blankem Glas kann man ja sehr gut reinigen, während sich ein Reinigen der Seite mit der Farbe weitgehend verbietet, weil man da Gefahr läuft, das Bild zu beschädigen.
Mein Ziel war es jedenfalls in einer angemessenen Zeit zu einem Ergebnis zu kommen, das es mir ermöglicht die Bilder zu betrachten. Das Ziel war nicht, sich endlos zu spielen, um die absolut beste Qualität zu erreichen, die aus den Bildern noch herauszuholen wäre.
Das Kategorisieren der Bilder
Ich habe die Bilder in den Schachteln beisammen gelassen, in denen sie zu dem Zeitpunkt waren, als ich sie gefunden habe. Die Schachteln habe ich dann einfach, so wie sie mir in die Hände kamen, durchnummeriert.
Ein Gedanke war, dass die Bilder, die sich gemeinsam in einer Schachtel befinden, wahrscheinlich auch zu einem ähnlichen Zeitpunkt fotografiert worden waren. Dass sich durch die Schachteln also auch eine Art chronologische Sortierung ergibt.

Zu 100 % ist das aber jedenfalls nicht so, weil es zum Teil erkennbar ist, dass Fotos aus derselben Serie (was sich am Motiv erkennen lässt) in unterschiedlichen Schachteln sind. Darüber hinaus ist in jeder Schachtel eine unterschiedliche Anzahl an Fotos enthalten. Wenn in jeder Schachtel wirklich jeweils ein „Film“ wäre, dann müsste die Anzahl pro Schachtel viel ausgeglichener sein.
Zu guter Letzt ist es auch so, dass manche Schachteln den Eindruck erwecken, dass sie thematisch einsortiert wurden, wie z.B. jene Schachtel, die Fotos mit Motiven aus Wien enthält.
Da eine chronologische Einordnung der Bilder über die Schachteln nicht möglich erschien, habe ich dann als zweiten Ansatz versucht, die Bilder über Größe und Dicke der Glasträger zu gruppieren. Auch dieser Ansatz brachte kein befriedigendes Ergebnis. Gewisse Größen lassen sich durchaus deutlich unterscheiden. Die meisten Glasträger haben aber in etwa das Format 9 x 12 cm. Hier gibt es zwar dickere und dünnere Glasscheiben und ein wenig abweichende Größen. Das kann aber damit zu tun haben, dass die Platten nicht maschinell sondern von Hand produziert worden sind. Zumindest ist das mein Eindruck, weil es nicht immer rechte Winkel sind, in denen die Platten geschnitten wurden und weil auch Fotos einer Serie auf unterschiedlich dicken Glasplatten zu finden sind.
Die Dia-Positive
Die Sammlung enthält nicht nur Negative sondern auch einige Dia-Positive. Das wirft auch gleich die Frage auf, wie die Bilder eigentlich verwendet worden sind.
Bei den Negativen dürfte es sich um Originale handeln. Also um Glasplatten, die im Fotoapparat waren und die mit dem Motiv vor Ort belichtet worden sind und später entwickelt wurden.
Von diesen Negativen wurden zum Teil Papierabzüge erstellt. Das weiß ich deshalb, da einzelne dieser Fotografien auch als Papierabzug die Zeit überdauert haben. Manche dieser Abzüge wurden auch als „Korrespondenzkarten“ gestaltet.
Wofür hat man aber Positive auf Glasträgern hergestellt? Gab es da Projektoren mit denen man sich diese Bilder ansehen oder sie gar auf eine Leinwand projizieren konnte? Darüber weiß ich einfach nicht Bescheid.
Jedenfalls sind von einigen wenigen Motiven Diapositive erhalten geblieben. Dazu zählt das Foto vom Haus in der Überfuhrstraße und Fotos von Dampfern auf der Donau und dem Amtshaus in Floridsdorf.
Die Diapositive sind oft so gestaltet, dass zwei Glasscheiben zusammengeklebt wurden, sodass sich die Farbe geschützt zwischen diesen beiden Scheiben befindet.
Gekaufte Bildserien
In der Sammlung sind auch Bilder enthalten, die offenbar angekauft oder geliehen worden waren. Hier handelt es sich durchwegs um Diapositive. Und die meisten Bilder dieser Art, die sich erhalten haben, zeigen Motive aus Wien, die offenbar eine Serie war, die „Wiener Typen“ genannt wurde.

Bei den Bildern war auch eine Schachtel, die Papiere mit handgeschriebenen Listen enthielt. Bei diesen durchnummerierten Listen handelte es sich offenbar um Titel von Fotografien. Der Verdacht liegt nahe, dass es neben der Serie mit den „Wiener Typen“ auch noch andere Serien von Dia-Positiven gab. Eine dieser Serien handelte offenbar vom ersten Weltkrieg, eine andere vom Flugfeld in Wiener Neustadt, eine weitere von der Kaiserfamilie usw.
Es ist natürlich schade, dass die dazugehörigen Fotos nicht auffindbar waren. Aber es ist eben wie es ist.
Komisch ist trotz allem, dass diese Übersichten handgeschrieben sind. Wurden solche Fotoserien in so kleinen Auflagen produziert, dass es sich nicht auszahlte, die Begleittexte zu drucken? Oder handelt es sich hier um Raubkopien?
Wer hat fotografiert?
Einige wenige Aufnahmen, vor allem die Serie auf den deutlich größeren Glasplatten von denen eine Serie mit Burian-Platten beschriftet ist (Schachtel 19 und Schachtel 20), stammen offenbar aus einem Fotostudio und sind wahrscheinlich von professionellen Fotograf:innen gemacht worden. Dazu zählen auch Fotos von Josef Alsch junior, die diesen als Soldaten zeigen. Diese zwei Fotos (Foto 1 und Foto 2) wurden wahrscheinlich von einer Fotograf:in in Hohenstadt/Mähren erstellt, wo Josef Alsch stationiert war. Auffallend ist hier das ungewöhnliche Format der Negative.
Aber in den allermeisten Fällen handelt es sich um Amateuraufnahmen, die im Freien entstanden sind. Wahrscheinlich waren die Lichtverhältnisse in geschlossenen Räumen zu schlecht, um mit der Amateurkamera ein brauchbares Ergebnis zu erzielen. Eine einzige Aufnahme zeigt eine Kirche von Innen. Dieses Foto ist aber so verschwommen, dass sich nichts wirklich erkennen lässt.
Das häufigste Motiv sind Porträtaufnahmen von Menschen. Hier sind im Hintergrund entweder Haus und Garten zu erkennen oder Wald und Büsche. Jedenfalls wurden die Aufnahmen aber im Freien gemacht.
Die Frage, wer nun tatsächlich die treibende Kraft hinter den Aufnahmen war, also welche Privatperson(en) hinter der Kamera standen, kann ich leider nicht beantworten.
Letztendlich bleibt es sogar ein Rätsel, ob die fragliche(n) Person(en) zur Familie Alsch gehörten oder nicht. Da die Identifizierung der meisten der abgebildeten Personen nicht möglich ist, lässt sich auch daraus nichts eindeutig ableiten.
Waren z.B. die Reisen aufs Land (z.B. Schachtel 17 und Schachtel 12), zu denen die Kamera ja offenbar mitgenommen worden war, Besuche bei Verwandten der Familie? Wahrscheinlich schon, weil dort ja ausgiebig Menschen porträtiert worden sind. Aber warum sind dann da nicht eindeutig identifizierbare Mitglieder der Familie Alsch mit auf diesen Bildern?
Auffallend ist jedenfalls, dass es etliche Fotos gibt, die im Garten der Überfuhrstraße (oder zumindest in einem Haus aus dieser Siedlung) erstellt worden sind. Dieses Haus war der Lebensmittelpunkt der Familie Alsch ab etwa 1913.
Auffallend ist auch, dass es etliche Aufnahmen aus dem Garten der Nordbahnhäuser gibt. Das war der Lebensmittelpunkt der Familie Alsch bis 1913.