
Einschmeichelnd, unendlich weich klingt es aus den Lautsprechern, Frühling in Wien, Frühling in Wien…
Erinnerung an etwas sehr Zartes, ein Hauch, ein Kuss, das Flimmern der Sonnenstrahlen in goldenem Haar und das Gefühl der Jugend. Kostbar ist der erste Blick, der noch nicht weiß vom roten Taumel der letzten Erfüllung. Zärtlich birgt mein Arm die Fülle blonder Locken. Es ist hell geworden in mir. Ich bin erwacht aus einem düsteren Traum. Und unter behutsam geschmeidigen Händen schwindet alles Erinnern an die vergangene grauenhafte Zeit. Du bist immer bei mir. Du lernst mir wieder die Freiheit genießen. Es ist nicht mehr so, dass meine Tage einsam sind und erfüllt von Bitterkeit. Deine Jugend macht mich so glücklich. Du stellst keine Fragen, du bist kein Problem. Du versuchst mich nie zu binden und fesselst mich in nie gekanntem Maß. Du bist absolut nicht die Frau, wie sie in meiner Vorstellungswelt den ersten Platz einnimmt. Du bist nicht kokett und launenhaft, du bist nicht exzentrisch und verwöhnt. Deine Lippen sind nicht süß. Dein Kuss ist nicht wie ein exotischer Rausch, er ist wie ein klarer Trunk aus einem Bergquell, urprünglich und herb. Ich kannte nur den Kuss, der berauscht wie Haschisch, der prickelt wie Sekt.
Ich träumte von der Frau, du schillernd in Seide gehüllt, schön wie die sieben Todsünden, geschmeidig wie die Schlange aus dem Garten Eden, sich auf Kissen von bunter Seide dehnt. Ihr blau-schwarzes Haar strömt einen Duft aus, der mich verwirrt, hilflos macht, ein Sklave der schönen Frau. An ihren Lippen hängend saugte ich ein süßes Gift, das nie befriedigt, nie den Wunsch aufzuwachen erweckt.
Du bist wie eine stille, seltene Blüte, nicht Orchidee, Treibhauspflanze, giftig, doch schön. Du bist die Verkörperung alles Guten in mir. Du machtest längst verschüttete Brunnen in mir wieder fließend, du trenntest in mir, die mir so geläufige Ideenassoziation von Liebe und Sünde. Absolutes Einssein zwischen Körper und Seele gibt dir die harmonische Ausgeglichenheit deines Lebens. Alles ist natürlich, durchsichtig, unverschleiert. Und doch, welche Schmiegsamkeit, welches Anpassungsvermögen, welches Verständnis meiner so komplizierten und leider so zerrissenen Psyche. Jedes Wort von mir, absolut neu für dich, eine andere Welt, ein unbekannter exotischer Geist, in jeder Hinsicht andersgeartet.
Wie bestimmt war es, dass wir uns getroffen haben. Es war nicht meine Absicht, dich zu gewinnen. Ich wusste nur, als ich dich zum ersten Mal sah – hier ist ein Mensch, eine Frau, mit der ich harmonieren könnte. Dann das so eigenartige unseres gemeinsamen Geburtstages. Sonst gebe ich ja nicht viel auf so eigenartige Zufälle, doch in unserem Fall scheint es doch zu offensichtlich, dass eine Bestimmung zusammenführte.
Was willst du? Willst du ein beständiges Nebeneinandergehen, wenn kein Gefühl mehr mitschwingt? Beim täglichen Zusammenleben stirbt die Liebe. Wenn jemand behauptet nach mehrjährigem Zusammenleben noch zu lieben, so verwechselt er irgend ein Gefühl mit Liebe. Es mag verschiedenen Motiven entspringen, wenn man Treue bewahrt. Gewöhnung, Furcht vor einer Auseinandersetzung, vielleicht ein Gefühl des Mitleids mit dem Partner, eventuell Bequemlichkeit, doch niemals das Gefühl der Liebe.
In so vielen Ehen, die ohne wirkliche Liebe geschlossen wurden, wegen eines materiellen Vorteils vielleicht, oder eines Augenblicks sinnlicher Empfindung, manchmal um einem Gefühl der Dankbarkeit Ausdruck zu verleihen. Möglicherweise hält so eine Ehe stand, wenn sie keiner Anfechtung ausgeliefert wird. Kommt aber ein richtiger Partner für einen in solcher Ehe befindlichen Teil, so ist alles vergessen. Mit der größten Wahrscheinlichkeit wird dem neuen für wirkliche, wahre Liebe gehaltenem Gefühl nachgegeben.
Es ist das Empfinden maßgebend, dass jeder Mensch das Glück sucht. Und auf welchen Umwegen findet man Glück, manchmal sogar nie. Der Mensch fühlt instinktiv, dass eine Gemeinschaft, die nur dem Namen nach aufrecht gehalten wird, nichts mehr bedeutet.
Ist es nicht schöner wirklich zu genießen? Alle Himmel und Höllen einer großen Liebe zu durchmessen? Es ist das, dass ich in meinem Leben nicht missen möchte. Bei aller Süße einer Liebe ist auch der Schmerz. Wie nahe gehen Glück und Leid zusammen! Die wirklich erlesenen Genüsse sind immer bittersüß. Wie paradox es klingt. So will ich dir bewusst keinen Schmerz zufügen und dir doch immer die Wahrheit sagen. Denn es ist nicht grausam, Klarheit sehen zu müssen. Lieber ein schneller, glatter Stich als eine Wunde, die immer wieder bluten muss.
Doch warum ans Ende denken? Ich bin nicht allein, denn ich darf an dich denken. Mich friert nicht mehr und ich denke an die Sonne, an Licht und Schönheit.